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Was wir in uns nähren, das wächst.

Johann Wolfgang von Goethe

 

 

 Körper und Seele – ziemlich beste Freunde

 

 

Es passiert uns immer wieder, ohne dass wir es wollen. Wir fühlen uns traurig, wir bekommen Angst oder wir werden wütend. Diese Gefühlslagen und die damit verbundenen Körperreaktionen und Verhaltensweisen treten meist unwillkürlich, also quasi automatisch in Erscheinung. Leider sind diese Emotionen und Reaktionen nicht ohne Weiteres willentlich direkt beeinflussbar. Wenn wir uns selbst sagen, dass wir doch nicht traurig, ängstlich oder wütend sein bräuchten und entsprechende Reaktionen und Verhaltensweisen nicht zeigen sollten, dann wird das nicht unbedingt gelingen. Die gute Nachricht ist, dass wir über Umwege unsere Stimmungslage verbessern bzw. unsere Reaktionen beeinflussen können.

 

Zum einen können wir unsere Aufmerksamkeit auf Phänomene des Alltags richten, die mit positiven Gefühlen verbunden sind, wir können uns auf unsere Ressourcen und Stärken fokussieren, wir können den Blick auf Gelingendes lenken. Wenn dadurch andere neuronale Netzwerke aktiviert werden und wir uns dadurch ganzkörperlich besser fühlen, können unser Missbefinden und die damit verknüpften Körperreaktionen und Verhaltensweisen nicht in der gleichen Intensität auftreten wie das ursprünglich der Fall war.

 

Der Weg zu mehr Wohlbefinden führt jedoch nicht nur über das Umfokussieren unserer Wahrnehmungen bzw. Erinnerungen. Da von einer Wechselwirkung zwischen psychischem Erleben und Körpergeschehen auszugehen ist, kann der Weg auch über den Körper führen. Einerseits ist der Körper die Bühne der Gefühle, wie der Hirnforscher Antonio Damasio es ausdrückt (vgl. Bohne 2022 a, S. 55). Auf die Bühne kommen die Gefühle über die efferenten Nervenbahnen, die vom Gehirn zum Körper führen. Umgekehrt lässt sich aber das psychische Erleben auch auf dem Weg der afferenten Nervenbahnen über das Körpergeschehen beeinflussen, und zwar im Positiven wie im Negativen. Positiver Einfluss ist zum Beispiel über Embodiment (Storch et al. 2022) möglich, über die „Problemlösungsgymnastik“ (vgl. Schmidt 2019, S. 75 und Wagner 2020, S. 243 ff.) oder auch über die verschiedenen Klopftechniken (Bohne 2022 a und b, Bohne 2023).

 

Je nach situativen Bedingungen beschreite ich zusammen mit meinen Klientinnen und Klienten beide Wege. Besonders der Weg über den Körper scheint dabei sehr erfolgversprechend zu sein. Bei diesem Vorgehen fühle ich mich durch Gerald Hüther und seine Mitautoren des Fachbuches „Embodiment“ bestärkt, wenn sie schreiben, dass jede Fachperson, die Menschen berät, therapiert oder erforscht, ohne den Körper mit einzubeziehen, eine Erklärung für dieses Manko abgeben sollte (vgl. Storch et al. 2022, S. 10).

 

 


 Literatur

 

  • Bohne, M. (2022 a). Prozess- und Embodimentorientierte Psychologie (PEP) – weit mehr als eine Klopftechnik. In Bohne, M., Ohler, M., Schmidt, G. & Trenkle, B. (Hrsg.). Reden reicht nicht!? Bifokal-multisensorische Interventionsstrategien für Therapie und Beratung (3. Aufl.) (S. 13 – 26). Heidelberg: Carl-Auer)
  • Bohne, M. (2022 b). Psychotherapie und Coaching mit PEP. Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie in der Praxis (2. Aufl.). Heidelberg: Carl-Auer.
  • Bohne, M. (2023). Bitte klopfen. Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe (8. Aufl.). Heidelberg: Carl-Auer.
  • Bohne, M., Ohler, M., Schmidt, G. & Trenkle, B. (2022). Reden reicht nicht!? Bifokal-multisensorische Interventionsstrategien für Therapie und Beratung (3. Aufl.). Heidelberg: Carl-Auer.
  • Hüther, G. (2022). Wie Embodiment neurobiologisch erklärt werden kann. In Storch, M., Cantieni, B., Hüther, G. & Tschacher, W. (2022). Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen (8. Aufl.) (S.85 -110). Bern: Hogrefe.
  • Schmidt, G. (2019). Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen Kontexten (8. Aufl.). Heidelberg: Carl-Auer.
  • Storch, M., Cantieni, B., Hüther, G. & Tschacher, W. (2022). Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen (8. Aufl.). Bern: Hogrefe.
  • Wagner, E. (2020). Praxisbuch Systemische Therapie. Vom Fallverständnis zum wirksamen psychotherapeutischen Verhalten in klinischen Kontexten. Stuttgart: Klett-Cotta.